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BLogbuch 7 2009: Wie man in den Wald hineinruft… – Fragen von ‚express‘ und ‚SoZ‘ an die jüngste deutsche Geschichte

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Inhalt

Im Herbst 2009 veranstalteten die Sozialistische Zeitung (SoZ) und der gewerkschaftsoppositionelle express eine Umfrage unter ehemaligen DDR-Linken zu dem Thema, wie sie den Umbruch oder die Revolution von 1989 und den Ausbruch von Teilen der DDR-Bevölkerung aus dem ‚Sozialistischen (Arbeits-)Lager’ rückschauend beurteilen. Die im express ungekürzt wiedergegebenen Einschätzungen von 9 Befragten, die mehrheitlich der Initiative Unabhängige Linke angehörten, ragen aus dem üblichen Deutscher-Herbst-’89-Einheitsgedenken allein schon deshalb heraus, weil es sich um Beteiligte an diesen Ereignissen handelt, die eigentlich nicht vorhatten, der DDR bei der erst besten Gelegenheit den Rücken zu kehren. Dadurch erhält der Leser einen Eindruck, der nicht von vornherein nach dem üblichen Ossi-Wessi-Schema in die bekannten Ressentiments und Vorurteile gegossen ist. (1)


Mit den Ausbrechern an der Bornholmer Straße war logischerweise kein wie auch immer gearteter Sozialismus mehr zu machen. Und der ‚Arbeiter- und Bauernstaat’, der die arbeitende
Bevölkerung zum Zweck der Abpressung ihrer Mehrarbeit eingemauert und der für die linke Opposition bis dahin als notwendiger Gegenpart ihrer Kritik an der DDR ‚fungiert’ hatte, existierte nicht mehr. Zur Verwirklichung ihrer Träume von einem Übergang von der Opposition zur ‚Revolution’ hätten sich aber nach dem Muster der Solidarnosc‘ der 80er Jahre oder der ungarischen Sowjets von 1956 die Arbeiter in den Betrieben an die Spitze der Bewegung setzen müssen, was auch am 17. Juni 1953, dieses Mal jedoch nicht der Fall war.


Statt dessen schien der doppelt un-freie DDR-Lohnarbeiter das Arbeitsverhältnis des doppelt freien Lohnarbeiters im real existierenden Kapitalismus dem Etikettenschwindel des staatsmonopolistischen ‚Sozialismus’ vorzuziehen. (2) Denn an letzterem ließ sich kaum mehr verschleiern, daß der ‚real-sozialistische’ Lohnarbeiter von der, wie es bei Marx heißt, »gesellschaftlichen Produktion« (3) und dem genossenschaftlichen Besitz der
Produktionsmittel noch weiter entfernt war als der kapitalistische, weil er als Staatssklave der neuen Bourgeoisie nicht mal, wie sein ‚westlicher’ Kollege über den Verkauf seiner Arbeitskraft selbst verfügen konnte. Deshalb muß sich eigentlich niemand, die Redaktion des express vielleicht ausgenommen, über die entsprechende Resonanz auf »die gehäufte Rede vom ‚Mauerfall’« in der ‚westlichen’ Presse wundern, die es sich selbstverständlich ersparte, statt dessen »über soziale Verhältnisse zu reden«. Da hilft es auch nicht weiter, wenn im express nicht weniger einseitig die »soziale(n) Verhältnisse« gegen die politischen ausgespielt werden, anstatt zu überlegen, warum gerade in der DDR nichts enger zusammen- und von einander abhing als »die Mauer« und die »soziale(n) Verhältnisse«!


Wie auch immer die Ereignisse vor 20 Jahren interpretiert werden mögen, ob als Ausbruch,
„Umbruch“ oder „Revolution“, sie sollten zumindest heute zur Selbstbefragung der zum Widerstand gegen den Stamokap Entschlossenen Anlaß geben, um Aufschluß darüber zu erlangen, wie die von den SED-Nachfolgern betriebene politische ‚Wiedervereinigung’ mit den ‚willigen’ Teilen der westdeutschen Linken zum Zweck der Restauration des ‚Sozialismus’ in den Farben der DDR wirkungsvoll zu torpedieren sei.


Mal sehen, ob die altbewährte Allzweckwaffe gegen die, wie es früher hieß, „Feinde der Arbeiterklasse“, die die Partei Die Linke (vorläufig) in der untersten Schublade ihrer Propaganda-Abteilung abgelegt hat, sich nicht letzten Endes als Rohrkrepierer erweisen wird..!

Quellen: (1) Siehe pdf-Version. (2) Karl Marx: Das Kapital I, 742. (3) DEBATTE 2; DEBATTE 2 Anhang.

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