In einem Ausblick auf den nach dem Wahlsonntag anstehenden Koalitionspoker stellt die FAZ (24.09.2021) erstaunt die Frage nach der (marginalen) Rolle, die die Außenpolitik im Wahlkampf gespielt habe, um erstaunt festzustellen, daß diese „allenfalls als Donnergrollen hinterm Horizont“ wahrzunehmen gewesen wäre, sodaß die Linkspartei „das größte Hindernis für eine Annäherung an SPD und GRÜNE … erstaunlich leichtfüßig beiseite geräumt“ hätte. Ein klares Signal in die Richtung, daß sich dieses Mal Die Linke mitsamt ihrem Repertoire aus Ökonomismus, Pazifismus und Tiermondismus etc. sich diesmal nicht an die (westdeutschen) Parteien anpassen muß, sondern sich diese in eilfertigem Opportunismus an deren Programmatik angepaßt haben. Selbst bei Armin Laschet, in dessen Programm sie einen entscheidenden Platz einzunehmen hätte, taucht die Außenpolitik bestenfalls als Fußnote christdemokratischer Sozialpolitik auf. Die außenpolitische Realitätsverweigerung wird gravierende Folgen haben, allein schon, weil sich Sozialpolitik (oder linker Ökonomismus) sich ganz hervorragend als Erpressungsmittel auswärtiger Politik (Seenotrettung, Flüchtlinge, Klima) eignet, aber dieselben Leute, die damit Politik machen, ungern an die eigene von ihnen bevorzugte Außenpolitik (BelaRus, Ukraine, Venezuela, Myanmar, Hong Kong und, und, und) erinnert werden werden möchten. Daher ist der Ökonomismus Der Linken, zu dem die politischen Parteien von der Linken genötigt werden, gleichbedeutend mit außenpolitischem Druck von außen und Realitätsverweigerung im Innern, deren Folgen den Deutschen, sollte Die Linke an die Macht kommen, noch ziemlich schmerzhaft auf die Füße fallen werden.
Die
Hauptfront im Ringen des ‚Westens‘ mit den Neuen
Achsenmächten
(China, Rußland, Iran) befindet sich seit seinem Abzug aus
Afghanistan nicht mehr in Europa und dem Nahen Osten. Als sich die
Hauptkonfrontationslinie noch im Donbass (zwischen russischen
‚Freischärlern‘ und Angehörigen der
ukrainischen Armee) und zwischen den baltischen Staaten und Rußland
befand, waren dort auch die Hauptkräfte des ‚Westens‘
für eine mögliche Konfrontation mit seinen eurasischen
Weltmachtkonkurrenten Rußland und VR China konzentriert.
Inzwischen würden sich die USA bei einem Angriff auf den
‚Westen‘ heute aber kaum etwas besseres einfallen lassen
als zuletzt in Afghanistan: Käme es zum Schwur, würden sie
auch Europa den neuen Achsenmächten vor die Füße
werfen und dann das Weite zu suchen – um sich für die
Verteidigung der Festung USA („America first!“) zu
wappnen.
Die
USA haben Afghanistan aber auch deshalb geräumt, weil sie nicht
mehr bereit waren, die anti-islamistische Einheitsfront aus der Zeit
von Nine Eleven (2001) als einzige Weltmacht (einzig unterstützt
von Europa, Australien und Kanada) aufrechtzuerhalten, nachdem RU und
CI längst dazu übergegangen sind, den islamistischen
Terrorismus (nach der Vorgehensweise des Assad-Regimes) gegen den
‚Westen‘ zu instrumentalisieren und laut aufzuschreien,
wenn es sie, selten genug, trotz bestehender Absprachen auch mal
trifft. In Doha war der Trump-Regierung dazu nichts besseres
eingefallen als den Taliban anzudrohen, vor ihnen kapitulieren, wenn
ihr freier Abzug garantiert wird. Diese Kapitulationserklärung
wurde von der neuen US-Regierung übernommen und mit
vorhersehbarem Ergebnis umgesetzt: der kopflosen Flucht tausender
Afghanen Richtung Westen und der sich daraus ergebenden
Destabilisierung des NATO-Mitglieds Türkei, das sich vor der
Islamisierung nur dadurch zu schützen weiß, indem es sich
selbst islamisiert. Dieser ‚Puffer‘ wird das ‚westliche‘
Europa aber kaum vor einer zweiten ‚Völkerwanderung‘
wie 2015 bewahren. Ob ‚wir das‘ dann auch ein weiteres
Mal ‚schaffen werden‘, steht in den Sternen. Eine
Mindestvoraussetzung läge darin, daß die Parteien des
rechten (AfD) und linken Putinismus (Partei Die Linke plus SPD-Linke
plus Linke Grüne) am 26. September auf keinen Fall an die
Regierung kommen. Das aber wird immer unwahrscheinlicher, wie der
Verlauf des Wahlkampfs zeigt, der von den Spin-Doktoren
ausschließlich auf den Kampf um die Eintrittskarte in das
Bundeskanzleramt (‚Ich will hier rein‘ – aber bitte
mit Mundschutz!) zugeschnitten worden ist.
Weder
die katastrophalen Aussichten auf eine aus RotRotGrünen
gebildeten Quisling-Regierung noch die Gefahr der wachsenden
Islamisierung Europas standen im Mittelpunkt des Wahlkampfs. Der
Streit (gab es den überhaupt?) zwischen Rot-Grün und
Schwarz-Gelb konzentrierte sich nicht etwa darauf, wie die Bildung
einer Regierung des Linken Putinismus verhindert und wie die von
Moskau finanzierte Rechte an ihrem Durchbruch gehindert werden kann.
Der Wahlkampf entzündete sich vielmehr an Lappalien und
persönlichen Marotten des jeweiligen Kanzlerkandidaten, um
diesen in den Augen des Wählers madig zu machen, nicht jedoch an
seinem Programm: ob Laschet während des salbungsvollen
Post-Katastrophen-Geschwafels des Bundespräsidenten im Ahrtal
bei einem mit Witz und Humor gewürzten small talk mit seinen
Mitarbeitern von den Fernseh-Kameras aufgespießt wurde oder ob
Frau Baerbock das obligate Bewerbungsbuch für das Kanzleramt als
Potpourri aus dem Internet copy-n-und-paste-en durfte, sind nichts
als Lappalien, die in der populistischen Erwartung von der Presse
aufgeblasen werden, daß der-deutsche-Politiker, um von der
deutschen Volksseele akzeptiert zu werden, ein Übermensch sein
muß. (Hatten wir einen solchen nicht schon mal als
(Reichs-)Kanzler?)
Daran
zeigt sich bereits, in welch trüben und flachen Gewässern
die Spin-Doktoren der verschiedenen Parteien diesen Wahlkampf meinten
ansiedeln zu müssen, um die Kandidaten von zu weit gehenden
substantiellen politischen Festlegungen abzuhalten. Populismus ist
Trumpf. Wahlkampf und Werbeindustrie reimen sich hervorragend
aufeinander! Ein offener Fight über ‚Themen‘ wie:
Putinismus, Islamismus, Genderismus, Afghanistan, China und die
Atom-U-Boote sollte unbedingt vermieden werden, damit (Achtung:
frauenfeindlicher Gattungsbegriff!) der
Wähler auf keinen Fall die entscheidenden Trennlinien zwischen
den Parteien, soweit überhaupt vorhanden, ausfindig macht, an
denen ihr politisches Profil deutlich wird, und schon gar nicht,
worin sie sich über alle Trennlinien hinweg grundsätzlich
einig sind. Angesichts dieser Gefahr schalteten alle
Parteien auf Schlafwagen-Wahlkampf. Die einen, um die am rechten und
linken Rand schlummernden Kröten, die der Wähler schlucken
muß, wenn er sich für ein politisches Aushängeschild
entscheidet, und die sich vom Zauberstab aller möglichen
Wahlversprechen berührt, in einen schönen Prinzen
verwandeln, die anderen, die guten Gewissen behaupten, in ihrer Mitte
noch nie einer Kröte begegnet zu sein. (Vielleicht gibt es dort
auch wirklich keine, sondern die Kröte steckt bereits in deren
Begriff…?)
Wie
umsichtig dieser Wechsel in das Schlafwagenabteil selbst von den
putinistischen Spin-Doktoren geplant wurde, mag die folgende Episode
verdeutlichen: so hatte die ‚kommunistische‘
Schläfer-Partei DKP rein zufällig ‚vergessen‘
(welch ein Mißgeschick!), sich termingerecht bei den
Wahlbehörden registrieren zu lassen, woraufhin sie aus der Liste
der Wettbewerber gestrichen wurde. Sieht man genauer hin, hätte
die Vermeidung dieses ‚Mißgeschicks‘ Die Linke
vielleicht genau die wenigen Stimmen kosten können, die sie
brauchen wird, um noch knapp über die Fünf-Prozent-Latte zu
rutschen. (Einmal abgesehen von den drei jedes Mal direkt gewählten
‚Ost-Berliner‘ Kandidaten, die es laut Wahlgesetz mit
dreißig Abgeordneten ins Parlament geschafft haben.). Auch die
Wahl der drei Direkt-Kandidaten, könnte durchaus von äußerst
linken DKP-Protestwählern gefährdet werden. An diesem
Beispiel wird außerdem die Fragwürdigkeit der
Vermeidungsstrategie der Christdemokraten deutlich, die mit der Wette
verbunden war, auf dem Ruhekissen des ‚Kanzler-innen‘-Bonus
ins Kanzleramt geschaukelt zu werden, und wie sich auch gezeigt hat,
daß die Beschränkung auf solche Vermeidungsstrategien, die
darin besteht, den politischen Gegner nicht frontal anzugreifen, von
Beginn an ein großer Fehler war. Wohl nicht ganz zufällig
erinnern diese Vermeidungsstrategien an die Zeiten der
DDR-Opposition. Sollten sie aber wider Erwarten doch noch zum Erfolg
führen, wird in den Geschichtsbüchern zu lesen sein, daß
Angela Merkel mit diesem Coup ihr letztes politisches Meisterstück
geliefert und die erfolgreiche Anwendung der Leninsche Dialektik
bestätigt hat, die nicht nur jeder Bewohner der DDR möglichst
hatte beherrschen und heute noch jeder Leninist meint kennen zu
müssen. Außerdem würde die Hauptstadt-Presse erlöst
titeln können: ‚Der Lotse geht von Bord!‘
Und
wenn nicht? Sollte Laschets Schlafwagen-Wahlkampf daneben gehen, dann
käme das schon fast einem zweiten 1933 gleich! Dann dürfen
wir uns auf harte Zeiten vorbereiten und auf weitere verlustreiche
Niederlagen Europas im bereits wohl bekannten Putinschen
Zwickmühlenspiel: der Wahlkampf ist noch nicht ganz vorbei, da
gehen wegen angeblicher technischer Schwierigkeiten bei Gazprom die
Preise durch die Decke. Wäre es da nicht am sinnvollsten, denkt
sich der Eigenheimbesitzer (der mit Heizöl nicht mehr heizen
darf), eine linke (und/oder auch rechte) Quisling-Partei zu wählen,
die am ehesten Putin zu ‚vernünftigen‘ Gaspreisen
überreden wird? Der Eigenheimbesitzer hätte in einem Punkt
recht: der Zug in Richtung Diversifizierung der Erdgas-Lieferanten
zum Schutz der EU vor Putins Erpressungsmanövern ist längst
abgefahren; schon so etwa vor zehn Jahren. Mit ihrer Zustimmung zu
Nord-Stream 2 ist die scheidende Bundesregierung in einem Sackbahnhof
gelandet. Dagegen würde nur der Rückwärtsgang helfen.
Das aber werden die linken und rechten Putin-Freunde im zukünftigen
Bundestag durch das Aufwerfen aller möglicher ‚sozialer‘
oder ‚nationaler‘ Frage zu verhindern wissen!
Wer
gestern Abend vier Tage vor der Wahl sich die sog. Elefantenrunde bei
ARD/ZDF reingezogen hat, der konnte für sich daraus so etwas wie
‚Aufrecht-in-die-Katastrophe!‘ zusammenreimen und sich
mit dem worst
case einer
RRG-Regierung mit dem freundlich grinsenden hanseatischen Grüß-August
als Galionsfigur der deutschen Linken vertraut machen! (Dessen
Hauptbeschäftigung offenbar in der Weitergabe von Tips für
den günstigsten Aktienkauf und der Betätigung des
Unterschrift-Automaten besteht!) Niemand wird später einmal, wie
unsere Generation es getan hat, seine Eltern befragen: warum habt ihr
das nicht verhindert…? Diese Frage stellt sich überhaupt
nicht, weil diejenigen, die sie heute stellen müßten,
selbst Teil des Problems und nicht Teil der Lösung sind… Kommt
mir doch alles ziemlich bekannt vor….
Gepostet
am 24.09.2021