EINSPRUCH
26.05.2019
Wer
sich die Mühe macht,
die
Seiten EINspruch und BLogbuch der letzten 10 Jahre zurückzublättern,
wird dort als ständig wiederkehrendes Thema auf die Kontinuität
der Außenpolitik des russischen Zarentums seit den Zeiten von
Marx und Engels stoßen aktualisiert durch die jüngsten
Versuche der im Kalten Krieg als Welthegemonialmacht gescheiterten
Sowjetunion, ihren angestammten Platz im ‚Konzert der
Weltmächte‘ zurückzuerobern und schließlich
wieder einzunehmen. (Siehe zuletzt: EINspruch 04.04.2017; EINspruch
08.11.2016 + Nachtrag 02.12.2016).
Das
beginnt mit dem offenen Völkerrechtsbruch gegenüber
Georgien (2008) und erreicht
mit der Niederschlagung des Aufstands der bäuerlichen und
oppositionellen städtischen Bevölkerung Syriens gegen das
Assad-Regime (2015) und ihrer anschließenden Vertreibung
(soweit sie nicht der christlichen oder alawitischen Minderheit
angehört) in die Nachbarländer Libanon, Jordanien und
Türkei und schließlich nach Süd- und Mitteleuropa
seinen vorläufigen Höhepunkt (2016).
Rußlands
Präsident Wladimir Putin schlägt mit seiner (militärischen)
Unterstützung des von Hafez Al-Assad auf seinen Sohn Bashar
(2000) vererbten Regimes und gegen die Interessen der
Bevölkerungsmehrheit, die die Einführung von Formen
westlicher Demokratie anstelle des sowjetisch inspirierten
Orientalischen Despotismus fordert (was letztlich nur durch den
revolutionären Sturz der an der politischen Macht klebenden
Regierungscliquen erreicht werden kann), zwei Fliegen mit einer
Klappe: die europäischen Aufnahmeländer, an vorderster
Stelle Deutschland, Italien und Griechenland, werden in der
‚Flüchtlingskrise‘ in linke
‚refugees-welcome‘-Hysteriker_innen und rechte
menschenverachtende Ausländerfeinde politisch gespalten, während
die Vertreibung der Mehrheitsbevölkerung (ethnic
cleansing)
und die Ansiedlung schiitischer
Newcomer aus Iran, ungehindert weiter vorangetrieben werden können,
in der linken Debatte in Deutschland über die Fluchtursachen
einfach unter den Tisch fallen gelassen werden.
Damit
ist im ‚Hinterhof‘ des früheren Sowjetimperiums der
Schlußstrich unter das ‚westlich‘ inspirierte
demokratische Roll-back von 1989 gezogen. Und das in einem Ausmaß
an verbrecherischer Energie, das an die größten
Schandtaten Hitlers und Mussolinis im Spanischen Bürgerkrieg
(Guernica) erinnert. Dagegen beklagen heute Assads und Putins ‚linke‘
Freunde in Europa, in den europäischen Parlamenten und der
Presse bittere Tränen vergießend, das Los der ‚Migranten‘
(indem sie den Unterschied zwischen ökonomischen
Armutsflüchtlingen und
völkerrechtlich legitimierten politischen
Flüchtlingen einfach
unterschlagen) und fordern im gleichen Atemzug die bedingungslose
Einwanderung aller Schutzsuchenden,
was bei dem von der Sozialknete abhängigen ‚weißen‘
Mob vorhersehbar auf dessen lautstark geäußerten
Sozialneid stößt, der sich in der Wahl von Rechten
Populisten niederschlägt.
Und
damit jeder Ausweg aus diesem Dilemma blockiert bleibt, hat der
gelernte KGB-Mann und aktive Karatekämpfer aus Petersburg die
Europäer unter den Zugzwang seiner in Syrien erprobten
‚Zwickmühle‘ versetzt, bei der jeder Zug von Putins
Gegenseite Putins deren Ausgangsposition automatisch schwächt.
Dies zur ständigen Erinnerung der Europäer daran, daß
sie die syrische Mehrheitsbevölkerung bei ihrem Aufstand gegen
die postsowjetische orientalische Despotie des Assad-Regimes so
schmählich im Stich gelassen haben!
Marx
und Engels betrachteten übrigens (was von den Marxisten
mit Vorliebe vergessen wird) Zeit ihres Lebens das russische Zarentum
als den größten Feind der revolutionären
Veränderungen in Europa (und in Rußland), ganz
egal, ob diese einen antifeudalen demokratisch revolutionären
oder einen kommunistischen Charakter trugen.
Vor
diesem historischen Hintergrund erweist sich der starke Auftritt der
Bloggerfigur Rezo als ein Meisterstück geschickt plazierter
linker Wahlpropaganda, die die Propagandaarbeit des Putin-Senders
Russia Today (RT) weit in den
Schatten stellt. Demgegenüber zeichnet sich die Reaktion der
Regierungs-Parteien durch ihre völlige Ignoranz diesem neuen
Phänomen gegenüber aus. Der verzweifelte Ruf nach dem
Schutzmann an der Ecke wird dem links-grünen Öko-Populismus
eher noch mehr Jungwähler in die Arme treiben, auch weil sich
niemand der undankbaren Aufgabe unterzieht zu untersuchen, was Gretas
planetarische Klimaschützer und Rezos CDU-Zerstörer
veranlaßt haben mag, zur Teilnahme an den EP-Wahlen (und nicht,
wie bei ihnen sonst üblich, zum Wahlboykott) aufzurufen und sich
klarzumachen, warum die Abschaffung Europas (von Rechts) und seine
Übernahme (von Links) in Wirklichkeit zwei Seiten einer
Medaille sind?
Außer
Rezo haben zwei Männer den Ausgang der Wahlen für das
Europa-Parlament maßgeblich zu beeinflussen versucht: Gospodin
Putin im Kreml und Mr. Trump im Weißen Haus. Die Grünen
bekamen dabei unfaßbare 20 Prozent zum gewaltigen Erschrecken
der Großen Koalition aus Zentrum und MSPD. Denn im Hintergrund
stehen – und das ist Putins nächster trump
im Poker zwischen den beiden
Zockern! – die drei Landtagswahlen in den
Ex-DDR-Bundesländern, in denen die AfD zur stärksten Partei
werden könnte und sich mit Der Linken ein Kopf-an-Kopf-Rennen
liefern wird: dann wäre Putin back to the
roots der früheren sowjetischen Europapolitik
zurückgekehrt, während für die Europäer der Krieg
in Syrien zu ihrem Menetekel geworden ist, dessen entscheidende
Bewährungsprobe sie verk… haben!
Der
Eiertanz von Kongreß und US-Justiz um Trumps an Landesverrat
grenzende Kumpanei mit Putin weist auf eine beiden Multimillionären
gemeinsame ideologische Geschäftsgrundlage hin, die zurückreicht
bis ins frühe 19. Jahrhundert, in die Zeit der engen Verbindung
des großdeutschem Preußentums und und des großrussischem
Zarentums, die über Hitler und Stalin hinaus bis ins 21.
Jahrhundert fortwirkt. Der sich bei beiden Herren aus diesen trüben
Quellen speisende rechte Populismus, eine Kombination aus preußischem
Volkskaisertum plus einer gehörigen Portion Antisemitismus,
vermischt mit Stalins kommunistischem Zarentum, das in der DDR seine
‚originellste‘ Ausprägung fand, hat in der 2008
ausgebrochenen Weltmarktkrise des Kapitals eine neue Qualität
erreicht.
Trump
will Europas Konkurrenz auf dem Weltmarkt eindämmen und Putin
den ‚westlichen‘ Einfluß in Middle
East auf Null reduzieren, das europäische Kapital von
seinen Auslandsmärkten abschneiden und für den Eintritt in
seine Eurasische Union weichkneten. Trumps Beiträge zur
Verteidigung der USA und des ‚Westens‘ gegen den
sich seit Nine Eleven unter immer dunkleren Wolken zusammenbrauenden
Dritte-Welt-Faschismus à la IS,
Hezbollah und Hamas ist ebenso großmäulig wie wirkungslos
und scheint inzwischen eher seinen Interessen als Hotelbaulöwe
und denen seines Clans zu dienen als denjenigen des US-amerikanischen
Kapitals.
Vor
diesem politischen Hintergrund offenbart sich der tiefere Sinn des
von Rezo mit jugendlich unschuldigem Augenaufschlag präsentierten
„Zerstörungsvideo(s)“ gegen „die
CDU“ und „ein bißchen die SPD“
(deren ‚linken‘ Flügel ausgenommen) als Putins
zweiter Streich nach dem Zuschnappen der Ibiza-Falle, der generell
gegen ein weiterhin ‚westlich‘ orientiertes Europa
gerichtet ist und auf die Wiederherstellung der DDR als Teil eines
eurasischen Gesamtdeutschlands hinausläuft; ein Projekt, das
allerdings – insofern bleibt Putin Realist – zunächst
nur im Zusammenspiel mit einem russophilen US-Präsidenten zu
realisieren sein wird, in dessen isolationistischer Strategie Europa
nur noch die Funktion eines Vorwerks der ‚Festung Amerika‘
haben soll, während sich Europas bisherige Schutzmacht auf ihre
special relationship zu
Brexit-Britain strategisch zurückziehen
wird.
Ähnlich
wie die Propagandastücke aus Putins Brutzelküche setzt sich
Rezos Blog aus Wahrheiten und Halbwahrheiten zusammen, die schwer
auseinanderzuhalten sind und die nach dem Muster der ‚alternativen
Wahrheiten‘ aus Trumps bei Fox-News
erprobtem ‚Framing’ jede
ernsthafte Auseinandersetzung mit diesen
als sinnlos erscheinen lassen.
Damit,
was er zu Syrien zu sagen weiß oder vielmehr gerade nicht sagt,
beweist Rezo, wessen politischen Geistes Kind er und die Macher
seines Videos sind. Er scheint ebenso, wie die gesamte ‚westliche‘
Linke, zu deren Sprachrohr er sich hier macht, vergessen zu haben,
daß sich ‚der Westen‘ seit Nine-Eleven (2001) im
Kriegszustand mit den Islamisten von Al Qaida und Daesh befindet, was
ihn nicht einfach nur moralisch, sondern politisch dazu verpflichtet,
sich an das Kriegsvölkerrecht zu halten. Daß die
Verteidigung der ‚westlichen‘ Welt gegen die als
Glaubenskrieger auftretenden Islamofaschisten daher keine billige
imperialistische Propaganda, sondern für die Mehrheit der
Welt-Bevölkerung eine Überlebensfrage ist, und daß
der Kampf des ‚Westens‘ gegen den Islamofaschismus bei
eigenen Verstößen gegen das Kriegsvölkerrecht
politisch in sich zusammenbräche. Daß daher, solange sich
die Islamisten in ihrem Outfit nicht von der Zivilbevölkerung
unterscheiden und damit zeigen, daß sie auf ihren
Kombattantenstatus keinen Wert legen, sie zu Recht als Terroristen
betrachtet werden. Für Terroristen gilt das Kriegsvölkerrecht
nicht, wenn sie sich selbst nicht daran halten und dadurch die
Zivilbevölkerung als Geisel nehmen.
Für
Assad und Putin (inzwischen auch für Trump, wie der jüngste
Terror-Angriff der US-Luftwaffe auf Raqqa zeigt) spielt das keine
Rolle, und für Rezo auch nicht. Das aber ist des Pudels Kern, da
von Ramstein aus nicht nur Drohnen gesteuert werden, sondern dort
auch die amerikanischen Atomwaffen lagern, die bei einem atomaren
Angriff Rußlands auf Deutschland (theoretisch!) zum Einsatz
kämen und Putins politisches Erpressungspotential minimieren
sollen. Und würden die von Rezo kritisierten Drohneneinsätze
dem Kriegsvölkerrecht weniger widersprechen, wenn sie
nicht von deutschem Boden aus, sondern von wo aus auch immer
gesteuert würden? Die in seinem Propagandamachwerk mit der offen
angedrohten „Zerstörung der CDU und ein bißchen
der SPD“ so naiv wie wirkungsvoll vorgetragene
Kriegserklärung hat nach ihren zweistelligen Millionen-Clicks
auf YouTube bei den Regierungsparteien nicht die sonst übliche
und zu erwartende Gegenpropaganda ausgelöst. Und wenn, dann
waren die Reaktionen darauf einfach nur plump und schlecht gemacht.
Die darin zum Ausdruck kommende Ratlosigkeit und ihr Hin- und
Herschwanken deuten darauf hin, nicht verstanden zu haben, daß
die Wirksamkeit solcher Propaganda-Aktionen gerade auf ihrer
Schlichtheit und vorgeblichen Naivität, vor allem aber auf der
Berechnung beruht, daß sie, wenn nicht heute, dann eben morgen
die erwünschte Wirkung erzielen werden.
Nach
30 Jahren ‚Wieder‘-Vereinigung stellt sich heraus, daß
in diesem Gesamt-Deutschland immer noch (oder erneut) zwei Sprachen
gesprochen werden. Das heißt, daß Rezo nichts anderes
gemacht hat als die Sprache der alten SED in den digitalen
Alltags-Slang der heutigen jungen Generation zu übersetzen.
Fazit:
Mit einer Rot-Grün-Roten Bundeskanzler_in wären die ‚68-er‘
(oder präziser: das post-68er imperialistische Kleinbürgertum)
am Ziel ihrer Wünsche angelangt: sie würden dann ihre
genderistische Kulturrevolution und ihren linken Biologismus (vor dem
die ‚einfachen Leute‘ beim Biologismus der Nazis
trügerischen Schutz suchen) mit dem Green New Deal der
US-Linken auf der Basis des Dritte-Welt-Faschismus von Staats wegen
miteinander verknüpfen und der proletarischen Kulturrevolution
als der einzigen Möglichkeit, um Putins Zwickmühle und
Trumps Unverschämtheiten zu entgehen, den Kampf ansagen…
Dieser
Blog stellt sich nicht die Aufgabe, worauf bereits sein Name
hinweist, die schlecht gemachte Gegenpropaganda der gegenwärtigen
Regierung gegen die ergrünende SED-Propaganda zu ergänzen
oder zu verbessern. Die Macher dieser Seite sind eigentlich nicht
wirklich an Propaganda interessiert; sie bevorzugen die kritische
Reflexion über die ökonomischen Verhältnisse in dieser
Gesellschaft und der politischen Verhältnisse in deren Staat.
Was die Massenwirksamkeit von Blogs angeht, halten Sie sich an das
Märchen von des Kaisers neuen Kleidern, wo kindliche
Unbefangenheit genügt, um einen Massenwahn sich selbst ad
absurdum führen zu lassen. Darin sehen sie, wie man zu sagen
pflegt, momentan ihre vordringlichste Aufgabe.
euk
Juni 2019
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Verschiedene
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