BLogbuch 

BLogbuch 1 2014: Revolution und Konterrevolution in Europa

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Inhalt

Mit Putins Annexion der Krim endet die postsowjetische Epoche der auswärtigen Politik Rußlands, die nach dem sog. Zivilisationsbruch, den der politische Bankrott der Sowjetunion in den Augen der deutschen Linken erzeugt hat, dadurch wieder in ein offensives Stadium versetzt wurde. Dagegen klammert sich die bürgerliche Presse mit aller Kraft an die ‚strategische Partnerschaft‘, die es mit diesem neuen Rußland auf einmal nicht mehr geben soll und versteht auch nicht so richtig, daß diese Linke in den politischen Kernfragen niemals aufgehört hat, die Linie der alten SED gegenüber ‚dem Westen‘ aufrechtzuerhalten, während sie sich gleichzeitig ihren potentiellen Wählern gegenüber als die etwas ‚linkere‘ SPD zu präsentieren versucht. In dieser Situation, da zu erwarten ist, daß Putin als Antwort auf Wirtschaftssanktionen ‚des Westens‘ den Europäern irgendwann den Gashahn zudreht, wird die ganze verfehlte Energiepolitik der Grünen und ihre Mitverantwortung für die nach der Katastrophe von Fukushima Hals über Kopf von der Bundesregierung eingeleitete ‚Energiewende‘ nicht nur sichtbar, sondern dann irgendwann auch körperlich spürbar. Die SPD, die im Wahlsommer 2013 eine rosarotgrüne Koalition angepeilt hatte, mit der sie außenpolitisch die Achse Paris-Berlin-Moskau aus der Zeit von Dabbeljuhu Bushs wahnsinnigem Irak-Krieg hätte fortsetzen können, und die nun von ihr in abgespeckter Form in der Groko gepflegt wird, mußte von der alten Schröder-Putin-Freundschaft flugs auf Kalten Kriegsmodus umstellen, ohne die rosarotgrünen Machtträume aber endgültig zu begraben.

Die Partei Die Linke hat von Anfang an die steile These vertreten, daß ‚der Westen‘ für Putins Annexion der Krim mitverantwortlich wäre, die ohne den ‚westlichen Druck‘ auf die Ukraine (das hieße auf den vom Volk gestürzten Oligarchen) überhaupt nicht hätte stattfinden müssen. Also hat in Wirklichkeit ‚der Westen‘ die Krim annektiert und Putin nur der Bitte ihrer Bevölkerung stattgegeben, sie in die Rußländische Föderation aufzunehmen. Denn hat nicht auch ‚der Westen‘ das gleiche mit dem Kosovo gemacht? Im übrigen stehe hinter der Politik ‚des Westens‘ im Kosovo, auf der Krim oder in der Ukraine immer noch die alte von den deutschen Faschisten gepflegte Feindschaft gegen die Sowjetunion, die einfach nur auf Rußland übertragen wird! Diese ewig junge Faschismusthese gewinnt vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise, die die ‚westliche‘ Welt seit der Lehman-Pleite erschüttert hat, an zusätzlicher Plausibilität und läßt die deutsche Bourgeoisie nach jedem rettenden Strohhalm greifen, und sei es nach dem des staatsmonopolistischen Kapitalismus (Stamokap), der, wie es heißt, den staatsmonopolistischen Rohstoffproduzenten Rußland ebenso wie den sozialistischen Turbokapitalismus Chinas vor den Folgen dieser Krise angeblich bewahrt haben soll. ‚Beggar thy neighbor‘ im Welt-Format.

So gesehen ist der Vorschlag der Linken an die deutsche Bourgeoisie, dieses erfolgreiche Krisenbewältigungsprogramm nicht, wie von der Groko geplant, lediglich als Stamokap light zu imitieren, sondern das Original unter einer starken linken Regierung zielführend in Staat und Gesellschaft zu implementieren, von einer gewissen Plausibilität. Allerdings muß dabei auch einem jeden klar sein, daß die vollständige Realisierung dieses Vorschlags auf eine Faschisierung Europas von links von Lissabon bis Wladiwostok, vom Atlantik bis zum Pazifik mit China als Hinterland hinausliefe und in erster Linie gegen die USA und die Nato (einschließlich der TTIP) gerichtet ist, wobei immer deutlicher erkennbar wird, daß der Antiamerikanismus von links mit dem Antiamerikanismus von rechts zunehmend zu einem ‚antikapitalistischen‘ Konglomerat zusammengewachsen ist.

Sitzen die Faschisten im Kreml? Auf diese von einem Historiker gestellte Frage gibt es keine klare Antwort, jedenfalls nicht in den Kategorien der üblichen außenpolitischen Kommentare in der bürgerlichen Presse. Die einzige Möglichkeit, um bei diesen ost-westlichen, faschistisch-antifaschistischen Retourkutschen nicht unter die Räder zu geraten, wird in einer Untersuchung der Gemeinsamkeiten und der Unterschiede der westlichen und östlichen Millionärsclubs, ihren Stärken und Schwächen zu bestehen haben: Die Stärken der einen bestehen in dem tagtäglich auf sie ausgeübten Zwang, sich unentwegt der Konkurrenz auszusetzen, weil sich nur so ‚Wachstum erzeugen‘ läßt, die Schwächen der anderen in der ständigen Furcht um den Bestand ihrer politischen Herrschaft, die durch die Absetzbewegung der Bevölkerung von ihren korrupten Politikern und durch die Forderung nach deren Absetzung in den östlichen Millionärsclubs die nicht endende Furcht vor einer secessio plebis erzeugt; secessio plebis heißt: das Volk kommt zunächst friedlich auf den zentralen Plätzen ihrer Stadt zusammen, sei es der Tien an men, der Tahrirplatz oder der Maidan, und verläßt diesen Platz nicht eher, bis seine politischen Forderungen erfüllt sind. Das nennt man eine politische Revolution in ihrer ursprünglichen Bedeutung, die die Linke, weil sie den Unterschied zwischen der politischen und der sozialen Revolution nicht begreift, diese durch die Besetzung der Wall Street oder der EZB immer wieder erfolglos zu imitieren versucht.

Politische Revolutionen machen aber nur in den von einem autokratischen Millionärsclub beherrschten Ländern Sinn, wie sich in Syrien an der brutalen Niederschlagung der Arabischen Revolution und dem gegen sie verübten systematischen Völkermord durch das Assad-Regime auf dramatische Weise zeigt. Diesen zu verhindern, appelliert die ‚westliche‘ Welt an die UNO und die ‚westlichen Politiker‘, etwas dagegen zu unternehmen. Die Wahrheit ist, daß die Regierung der USA, die dazu in der Lage wäre, keinesfalls einen Weltkrieg aus humanitären Gründen riskieren wird, der bei der ‚humanitären Intervention‘ der Nato gegen Milosevics Völkermord an den nicht-serbischen Minderheiten und Nationen Jugoslawiens noch ausgeschlossen werden konnte. Die USA und ‚der Westen‘ werden sich überdies darüber im Klaren sein, daß die Aufhebung der Unvermeidlichkeit eines Weltkrieges theoretisch nur durch die proletarische Weltrevolution beseitig werden kann. Daher ist taktische Zurückhaltung auch ein Gebot nicht nur der diplomatischen Klugheit, sondern auch des ureigenen Klasseninteresses. ‚Wir Europäer‘ haben dagegen noch nicht einmal begriffen, daß die Tragödie, die sich vor unseren Augen in Syrien ereignet, nichts anderes ist als Vorspiel zu der Farce, die in allernächster Zeit der linke Faschismus und die faschistische Linke mit verteilten Rollen in Europa zur Aufführung bringen werden, um Putins Einfluß in Europa zu mehren. Wenn die politischen Verhältnisse sich weiter in diesem Tempo faschisieren, dann sollte die politische Revolution vom Tien an men bis zum Maidan in ganz Europa eine entsprechende Fortsetzung finden: No pasaran!

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