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BLogbuch 3 2010: Der Fall ‚Emmely‘: ein Sieg der Linken über die alte Bourgeoisie – ein Pyrrhussieg über das Kapital

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Inhalt

Es wird wohl das persönliche Geheimnis der Kassiererin des Supermarkts in Berlin-Hohenschönhausen, Barbara E., bleiben, warum sie eines schönen Abends im Januar 2008 beim Hauseinkauf in ihrer Filiale eben jene beiden Pfandbons, die ihr von ihrer Vorgesetzten mit dem Hinweis übergeben worden waren, diese für den oder die Verlierer in Gewahrsam zu nehmen, selbst eingelöst hat. Und ebenso, warum Barbara E., von ihrem Solidaritätskomitee liebevoll ‚Emmely’ genannt, dabei sehenden Auges in eine ihr gestellte Falle lief, als sie selbige Pfandbons »in unmittelbarer Anwesenheit ihrer Vorgesetzten bei einer nicht befreundeten Kollegin« einlöste, (1) obwohl alle Beteiligten wußten, daß diese Bons nicht vorschriftsmäßig abgezeichnet waren. Wollte sie die geplante Provokation, mit der sich ihre Firma einen allzu durchsichtigen Kündigungsgrund zu verschaffen suchte, etwa mit einer herostratischen Gegenprovokation beantworten, durch die der Fall ‚Emmely’ nicht nur in die Rechtsgeschichte, sondern Barbara E. in die Geschichte des wiedervereinigten Deutschland eingegangen ist? Wir wissen es nicht. In einem Interview mit der jungen Welt (2) hat sich der Pop Star des ‚Arbeitskampfes’ aus dem Jahr 2009 wieder in den Normalzustand einer einfachen Werktätigen aus dem einstigen Arbeiter- und Bauernstaat zurückverwandelt, die nach dem Sieg vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) in ihrem Kampf gegen das westdeutsche Kapital an ihren Arbeitsplatz in einer anderen Filiale derselben Firma zurückgekehrt ist. Viel mehr erfahren wir nicht.

Der im letzten Jahr an dieser Stelle vertretene Anspruch (BL509), daß dieser Prozeß nur dann ein Beitrag zum Klassenkampf hätte sein können, wenn er als ein politischer Prozeß gegen das Kapital geführt worden wäre, (3) wurde, wie sich nach dem Urteil des 2. Senats des Bundesarbeitsgerichts herausstellt, nicht etwa von der Verteidigerseite, sondern vom Bundesarbeitsgericht erfüllt. Dies selbstverständlich nicht gegen das Kapital, sondern im Interesse des sich aus der alten und der neuen Bourgeoisie zusammensetzenden ‚gesamtdeutschen’ Kapitals. Die Klägerseite hat dagegen einen Pyrrhus-Sieg erfochten, weil ihre Prozeßstrategie auf ‚Emmelys’ kleinen Notlügen aufbaute, die zu einer großen Lüge aufgebauscht wurden. Die Forderung, diesen Prozeß als einen politischer Prozeß gegen das Kapital zu führen, hat sich damit erledigt, nicht jedoch die Aufgabe, dieses Urteil und das Verhalten der streitenden Parteien im Lichte dieser Forderung zu analysieren und damit die Möglichkeit, den Klassenkampf als politischen Klassenkampf gegen das Kapital zu führen, weiterhin offen zu halten. (4)

Quellen: (1) BAG Urteil vom 10.06.2010. (2) junge Welt, 12./13.06.2010. (3) BL509,11. (4) MEW 4,471.

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