Debatte 2 

Marx und ‚Marxismus’ in Deutschland – An die Marx-Gesellschaft

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Inhalt

Die aktuellen Weltereignisse (Welt-Banken-Krise und Georgien-Krieg) und die aus diesem Anlaß vorgeschlagene neue Lesart des Marxschen Kapital bestätigen die Marxsche Kritik der politischen Ökonomie wie niemals zuvor. Das befürchten sogar die Kommentatoren des Zentralorgans der deutschen Bourgeoisie, der FAZ.

Nach der Neuformulierung der russischen Außenpolitik in den ausgetretenen Pfaden der auswärtigen Politik des alten Zarentums ist diese in ihr welt-hegemonistisches Fahrwasser zurückgekehrt; mit dem Unterschied, daß Rußland als ‚Schwellenland‘, das zu seiner alten Weltmachtstellung zurückkehren möchte, heute nur noch einer unter vielen Global Players ist. Dementsprechend hat die deutsche Linke mit großer Zurückhaltung, wenn nicht sogar großem Verständnis auf die De-facto-Annexion von Teilen Georgiens durch die russische Armee im sog. Augustkrieg reagiert. Diejenigen, die ‚die Deutschen‘ vor den üblichen anti-russischen Reflexen meinten warnen zu müssen, müssen sich die Frage gefallen lassen, ob sie durch ihre einseitige Deutung der Ereignisse nicht selbst ähnliche großmacht-chauvinistische Reflexe entwickeln.

Marx ist von vornherein von der Globalisierung der kapitalistischen Produktionsweise ausgegangen. Das macht diesen wissenschaftlichen Torso zum kritischen Hauptbuch des sich gegenwärtig in einer globalen Krise befindlichen Weltkapitals. Wie nie zuvor bietet sich mit dem vorliegenden umfangreichen Anschauungsmaterial die Gelegenheit, die von Marx geplanten, aber nicht mehr geschriebenen Bände des Kapital über den Staat und den Weltmarkt fortzuschreiben. Mit seinem Werk hat Marx die wissenschaftliche Grundlage dafür gelegt, dem provinziellen ‚Arbeiterismus’ eine international organisierte Partei der Arbeiterklasse gegenüberzustellen. Deren Kampf wird laut Manifest der Kommunistischen Partei zwar »nicht dem Inhalt«, aber »der Form nach zunächst ein nationaler …des Proletariats gegen die Bourgeoisie« sein, während die Arbeiterparteien der Marxschen Analyse der Beschaffenheit des Weltmarktes entsprechend sich von vornherein international organisieren, um zu vermeiden (und zwar genau entgegengesetzt zu den An- und Absichten der heutigen Linken), daß ihr Internationalismus dem nationalen Terrain des Klassenkampfes abstrakt entgegengesetzt wird − und umgekehrt.

Daran gemessen war Stalins ‚Sozialismus in einem Land’ ein ebenso hirnrissiges Konzept wie die in der ‚Anti-Globalisierungsbewegung’ gepredigte utopische ‚Staatenlosigkeit’ ihrer (autonomen) angeblich revolutionären Subjekte. Das Welt-Proletariat wiederum befindet sich momentan in einem Zustand, in dem man es nicht einmal als eine Klasse an sich oder bestenfalls als ein rein theoretisches Proletariat wird bezeichnen können.

Jedenfalls wurde Das Kapital nicht nur für Philosophen und Ökonomen geschrieben, sondern primär für diejenigen, die, nachdem sie sich von den Fesseln der kapitalistischen Produktionsweise befreit haben werden, das Kapital für ihre gesellschaftliche Produktion als negative Blaupause benötigen, und die sich daher schon heute darin üben müssen, die Marxsche Kritik der politischen Ökonomie gegen den Strich zu lesen (eine Übung, die etwas anderes beinhaltet als eine reine Teewasser-Opposition gegen die bürgerliche Gewerkschaftspolitik!) Das Kapital enthält als negatives Prinzip, das in der Kritik der Verwertung des Werts enthalten ist, die ungeschriebene Lesart, wie die kapitalistische in eine »gesellschaftlich(e) Produktion« umzuwandeln sein wird. Darüber hinaus liefern die historisch gescheiterten revolutionären (und konterrevolutionären) Versuche, die darauf abzielten, die Marxsche Kritik der politischen Ökonomie praktisch werden zu lassen (oder dies zu verhindern), ausreichendes Anschauungsmaterial dazu, welche Sackgassen und Irrwege die unmittelbaren Produzenten dabei in Zukunft vermeiden sollten.

Der Aufruf der Partei Die Linke, der darin gipfelte, den Marxismus an die Hochschule zurückzubringen, schlägt dem Anspruch an eine den heutigen krisenhaften Verhältnissen der kapitalistischen Produktionsweise angemessene Marx-Lektüre und der Forderung nach einer wissenschaftlichen Aneignung der Marxschen Texte direkt ins Gesicht.

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